
​Mobbing am Arbeitsplatz
Ist Mediation eine Alternative zur sog. Mobbingklage?
Mobbing ist ein ernstzunehmendes Problem. Es schädigt nicht nur die Gesundheit der Betroffenen sondern auch dem Unternehmen (Leistungsabfall, Kosten durch Abwesenheitszeiten, nicht rechtzeitige Auftragsfertigstellung, Imageverlust des Unternehmens etc.). Um dem vorzubeugen sollten Betroffene und Arbeitgeber aktiv handeln, wieso und wie das funktionieren kann, zeigt dieser Beitrag.
1. Der herkömmliche Weg: Die sog. Mobbingklage
Urteil, LAG Schleswig-Holstein v. 11.10.2023 - 6 Sa 48/23
Sachverhalt:
Die Klägerin arbeitete als Zahnarzthelferin in der Praxis des Beklagten. Seit dem 19.11.2021 war sie durchgehend arbeitsunfähig krank. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24.11.2021 zum 30.06.2022.
Mit Schreiben vom 01.06.2022 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 40.000,00 € wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen geltend. Die Klägerin hat u.a. behauptet, sie sei an ihrem Arbeitsplatz in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht erheblich und systematisch verletzt worden. Die Persönlichkeitsrechtsverletzungen seien vor allem von ihren Kolleginnen ausgegangen. Die Kolleginnen hätten sie u.a. wegen ihrer Herkunft sowie ihres katholischen Glaubens gehänselt und lächerlich gemacht. Zudem hätten sie bewusst und lautstark falsche Behauptungen über ihr angeblich unterlaufene Fehler verbreitet. Der Beklagte habe – trotz stattgefundener Gespräche – nichts gegen die Persönlichkeitsrechtsverletzungen der Kolleginnen unternommen. Die Klägerin legte ärztliche Atteste vor. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das LAG die Berufung zurückgewiesen.
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Entscheidungsgründe:​
Das LAG hat entschieden, dass die von der Klägerin vorgetragenen Vorkommnisse nicht geeignet sind, Ansprüche auf Ersatz eines immateriellen Schadens auszulösen. Systematische „Mobbing“-Handlungen mit Eingriffsqualität sind nicht erkennbar.
Anders als die Klägerin meint, ist eine Pflichtverletzung des Beklagten nicht bereits dadurch bewiesen, dass sie ausweislich der vorgelegten Atteste von den sie behandelnden Ärzten krankgeschrieben worden ist. Selbst wenn ein „mobbingtypischer“ Befund festgestellt wird, steht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts damit nicht die Kausalität zwischen den behaupteten Mobbing-Handlungen und dem medizinischen Befund fest (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 – Rn. 93). Erst-recht ist damit nicht bewiesen, dass sich die vom Anspruchsteller behaupteten Mobbing-Handlungen tatsächlich zugetragen haben.
2. Ist Mediation eine Alternative zur sog. Mobbingklage?
Im Ergebnis werden viele sog. Mobbingklagen mit einer ähnlichen Begründung wie die des LAG Schleswig-Holsteins abgewiesen. Regelmäßig können betroffene Arbeitnehmer weder die Pflichtverletzung noch die Kausalität zwischen der „Mobbing-“ Handlung und dem ärztlichen Befund beweisen. Aber auch unabhängig vom Ausgang eines Klageverfahrens ist der Rechtsstreit zum Prozessende zwar entschieden, dadurch ist aber der Konflikt im Betrieb längst noch nicht gelöst.
Die Mediation zielt im Gegensatz zu einem Gerichtserfahren drauf ab, den Kern des Konflikts, der in der Regel im Verborgenen liegt offenzulegen. Wenn dieser Schritt bewältigt ist, können Lösungen einfacher, da auf einer anderen rationale Ebene, gefunden werden. Durch Unterstützung meiner gezielt darauf gerichteten Fragen können die Parteien eigenverantwortlich die Konfliktklärung herbeiführen.​​
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Zusammengefasst:
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Berücksichtigung des gesamten Konfliktstoffs: Im Mediationsverfahren sprechen die Medianden für sich und bestimmen, die zu klärenden Themen. Rechtliche Anspruchsgrundlagen, Beweismittel oder juristisches Fachvokabular spielen keine Rolle.
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Bearbeitung des Konfliktskerns: In der Mediation findet die Konfliktbearbeitung nicht nur auf der rechtlichen Sachebene, sondern jede Ebene des Konflikts wird im Bedarfsfall beleuchtet.
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Eigenverantwortliche Lösungen erschaffen: Durch kooperatives Verhandeln der Konfliktparteien entscheiden diese selbst, was es braucht, um den Konflikt zu lösen. Die gemeinsam gefundene Einigung ersetzt den Urteilsspruch eines am Konflikt unbeteiligten Dritten.​
3. Wieso sollten Arbeitgeber bei Mobbing handeln?
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Gesundheitsschädliche Auswirkungen für betroffene Mitarbeiter
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Mobbing kostet das Unternehmen Geld (lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag "Konflikte am Arbeitsplatz"):
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Leistungsabfall: Mobbingtäter sowie Opfer sind oft weniger leistungsstark, weil sie sich auf den Konflikt konzentrieren.
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Fehlzeiten: Konflikte im Betrieb führen zu erhöhten krankheitsbedingten Ausfällen.
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Rekrutierungskosten: Schlechtes Betriebsklima führt zu Eigenkündigungen und erhöhter Fluktuationsrate.​​
4. Fazit und Praxistipp: Wie können Betroffene und Arbeitgeber handeln?
Dies ist recht simpel. Als betroffener Arbeitnehmer schlagen Sie Ihrem Arbeitgeber (Ihrem Vorgesetzten, der HR-Abteilung oder direkt dem Geschäftsführer) die Durchführung einer Mediation vor. Sobald alle Beteiligten damit einverstanden sind, kann es losgehen. Als Arbeitgeber, der einen das Arbeitsumfeld negativ beeinflussenden Konflikt erkannt hat, können Sie den Beteiligten des Konflikts die Durchführung einer Mediation vorschlagen.
Verfasserin dieses Beitrags: Janina Aue, Rechtsanwältin & Mediatorin
Kontaktieren Sie mich gern, damit wir besprechen können, wie wir zusammen arbeiten können.
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