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Fristlose Kündigung wirksam

Stöße und Tritte zerstören Vertrauensverhältnis

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat mit Urteil vom 5. September 2025 die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers für rechtmäßig erklärt. Dieser hatte während der Arbeitszeit sein privates Smartphone genutzt und einem Gruppenleiter, der ihn darauf ansprach, einen Stoß versetzt und nach ihm getreten. Das Verhalten wurde durch Videoaufnahmen belegt. Das Gericht wertete dies als erhebliche Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt. Das Arbeitsgericht war in erster Instanz noch zu einer anderen Einschätzung gekommen.

*soweit in diesem Beitrag nur die männliche Form genannt wird, ist die weibliche / diverse Form zugleich miterfasst.

LAG Niedersachen, Urteil v. 25.08.2025 - 15 SLa 315/25

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers.

Der Kläger war seit Februar 2019 als Be- und Entlader bei der Beklagten tätig. Am 22.10.2024 wurde er von einem Gruppenleiter dabei beobachtet, wie er während der Arbeitszeit sein privates Smartphone benutzte – ein Verhalten, das im Betrieb untersagt ist. In der Folge kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Gruppenleiter: Der Kläger soll diesen weggestoßen, einen Tritt angedeutet und mit erhobenem Zeigefinger gestikuliert haben. Der Vorfall wurde durch eine Videoaufnahme dokumentiert. Bereits zuvor war der Kläger wegen vergleichbarer Pflichtverstöße abgemahnt bzw. auf Regelungen hingewiesen worden. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

Das Arbeitsgericht Hannover gab der Kündigungsschutzklage zunächst statt. Auf die Berufung der Beklagten hin hob das Landesarbeitsgericht Niedersachsen das Urteil auf und wies die Klage ab.

Entscheidungsgründe

Das Landesarbeitsgericht hielt die außerordentliche Kündigung für wirksam. Das Verhalten des Klägers am 22.10.2024 – insbesondere das Stoßen und der Tritt gegenüber dem Gruppenleiter im Zusammenhang mit der verbotenen Handynutzung – stelle eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB rechtfertige.

 

Die Kammer sah nach Sichtung der Videoaufzeichnung keinen Anlass zur Vernehmung weiterer Zeugen. Der Kläger habe ohne nachvollziehbaren Grund körperlich reagiert und im Anschluss keinerlei Einsicht oder Bedauern gezeigt. Vielmehr setzte er die Nutzung des Smartphones fort, was gegen betriebliche Regeln verstieß.

Eine vorherige Abmahnung war entbehrlich, da das Verhalten des Klägers so gravierend war, dass er nicht mit einer bloßen Rüge rechnen durfte. Auch eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz kam angesichts des Gewichts der Pflichtverletzung nicht in Betracht.

 

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Fazit & Praxistipp

Der Fall zeigt, dass selbst bei objektiv klaren und belegten Pflichtverstößen – wie hier durch Videoaufnahmen – in der ersten Instanz fehlerhafte Entscheidungen möglich sind. Das Arbeitsgericht hielt die Pflichtverletzungen nicht für ausreichend gravierend, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Erst das Landesarbeitsgericht kam in zweiter Instanz zu einer abweichenden Bewertung.

Der Fall verdeutlicht, dass gerichtliche Entscheidungen stark von der Einschätzung der jeweils zuständigen Richterperson abhängen können. Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist daher zu raten – und sie müssen gegebenenfalls schon zu Beginn eines Gerichtsverfahrens damit rechnen –, auch das Berufungsverfahren zu nutzen, um fehlerhafte Entscheidungen korrigieren zu lassen.

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Verfasserin dieses Beitrags: Janina Aue, Rechtsanwältin & Mediatorin

Kontaktieren Sie mich gern, damit wir besprechen können, wie wir zusammenarbeiten können.

Foto von Frau Rechtsanwältin Aue
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